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Spieletipp Puerto Rico

(aus Fairplay Nummer 58)

Das war schon sehr beeindruckend...

Als die ersten Scoutnoten für diesen Prototypen von Alea bei uns eintrudelten, waren wir etwas überrascht. Ein "Sehr gut" nach einem kurzen Testspiel ist ja schon eine knallharte Aussage. Als die Serie der "1er" aber gar nicht abriss, fragten wir mal gezielter nach:

"Bist Du Dir sicher? Ist das Spiel so übersichtlich, dass man es nach einem kurzen Test so sicher beurteilen kann?"

"Ne", bekamen wir dann fast stereotyp zur Antwort, "übersichtlich ist das Spiel nun gerade nicht. Eher komplex. Und die Eins ist als Scoutnote bombensicher".

Nun gut, da haben wir also ein komplexes Spiel, das schon nach einem Anspiel in einer lärmigen Messehalle als Juwel der Spielekunst zu erkennen ist. Wenn mir ein Messebesucher so etwas erzählen würde, dann wüsste ich genau, was ich denken, aber hier nicht schreiben darf. Aber wenn gleich 38 erfahrene Spieler diese Position vertreten und eigentlich niemand das Gegenteil behauptet, bin ich doch ratlos. Ganz im Unterschied zu dem Spieler, der schon die Erfolgsstory 2002 genau kannte: "Den Familienpreis gewinnt PUERTO RICO sicher nicht. Aber der Deutsche Spielepreis ist sicher." Vielleicht sollte Stefan Brück das passende Emblem schon auf die Erstauflage drucken. Das spart Druckkosten.

Glücklicherweise stellte der Alea-Chef uns auch in diesem Jahr einen Spielprototypen zur Verfügung. So können wir nun auch selbst einen ersten Blick auf den überlegenen Sieger unserer diesjährigen Scoutaktion werfen. Und nach einigen Testspielen sind auch schon, unter dem Vorbehalt des vorliegenden Prototyps, einige qualitative Aussagen möglich.

Bei diesem Spiel von Andreas Seyfarth besitzt jeder Spieler sein eigenes, kleines Puerto Rico in Form einer Papptafel. Auf dieser persönlichen Insel ist Platz für 12 Plantagengründungen und ebenso viele Industrie- und Verwaltungsgebäude. Vor der ersten Aktion wird aber noch ein derart umfangreiches Spielmaterial auf dem Tisch ausgebreitet, dass ein Spieler, der nur mal eine flotte Partie spielen möchte, schon nachdenklich werden kann. In der Mitte der Spielfläche liegt der Ablageplan, der Platz für die 23 unterschiedlichen Gebäudeplättchen des Spiels bietet. Jedes dieser Gebäude bietet dem Spieler einen besonderen Bonus. Übersichtlicher erscheinen da auf den ersten Blick die 58 Plantagenplättchen, die gut gemischt neben dieser Ablage liegen.
Diese landwirtschaftlichen Betriebe produzieren die Grundstoffe, die dann in den entsprechenden Industriegebäuden zu Kaffee, Tabak, Indigo... verarbeitet werden. Diese Waren liegen in Form kleiner, farbiger Holzwürfel auch schon neben dem Spielplan. Und für den weiteren Weg dieser produzierten Waren bietet sich ein kleines Handelshaus mit vier Lagerflächen für den inländischen Verkauf an. Und dann liegen auch noch 3 Handelsschiffe mit größeren Kapazitäten für den Überseetransport vor Anker. Für jede Aktion auf seiner Insel braucht ein Spieler Arbeiter. Zu Beginn liegt ein Kolonistenschiff mit einem Arbeiter pro Spieler im Hafen, während es sich die restlichen Arbeiter noch in einem übersichtlichen Ablagehaufen gemütlich machen. Und schließlich liegen auf einem prominenten Platz neben der Ablage die acht Karten mit den Rollen, die von den Spielern im Laufe der Partie übernommen werden.

Der generelle Rundenablauf ist dann erstaunlich übersichtlich. Der Startspieler wählt eine der acht Rollen und führt die Aktion dieser Rolle aus. Anschließend führt reihum jeder Spieler die Aktion der gewählten Rolle aus. Dann trifft der nächste Spieler unter den verbliebenen sieben Rollen seine Wahl und führt die Aktion aus, bevor wieder die Mitspieler dran sind. Wenn alle Spieler einmal gewählt haben, liegen noch einige nicht benutzte Rollen aus. Auf diese Karten wird, als zusätzlicher Anreiz für die nächste Runde, je eine Golddublone gelegt. Die anderen Rollenkarten werden zurückgelegt und der neue Startspieler trifft seine erste Wahl.

Jede Rolle bietet eine besondere Aktion, die nur der Zugspieler nutzen kann, und eine allgemeine Aktion, die - normalerweise beginnend mit dem Zugspieler - reihum jeder ausführt. Ein genauerer Blick auf die Möglichkeiten:

Besonders zu Beginn einer Partie ist der Bürgermeister sehr beliebt, denn der Zugspieler darf als Bonus einen Arbeiter aus dem allgemeinen Vorrat nehmen, bevor die Kolonisten auf dem Schiff reihum verteilt werden. Auf allen Plantagen- und Gebäudeplättchen gibt es Ablageflächen für mindestens einen Arbeiter und diese Investitionen funktionieren nur, wenn mindestens ein Arbeiter auf ihnen steht. In der ersten Spielrunde könnte der frisch erworbene Kolonist einen Arbeitsplatz auf der Plantage finden, mit der jeder Spieler das Spiel beginnt. Wenn ein Spieler mehr Arbeitsplätze als Arbeiter besitzt, erlaubt der Bürgermeister auch eine komplette Umverteilung der Kräfte auf dem eigenen Plan. Abschließend kommen neue Kolonisten auf das Schiff. Die Zahl hängt von den offenen Arbeitsplätzen in den Gebäuden aller Spieler ab, wobei die Spielerzahl die Mindesteinwanderung vorgibt.

Sehr beliebt zu Beginn einer Partie ist auch der Siedler, der die Aufnahme eines Plantageplättchens erlaubt. Während die nachfolgenden Spieler nur eines der, in jeder Runde frisch aufgedeckten, Plättchen wählen können, kann der Zugspieler stattdessen auch einen der insgesamt acht Steinbrüche auf seiner Auslage platzieren. Ein Steinbruch produziert zwar keine Grundstoffe, aber er verbilligt jedes geplante Gebäude um eine Golddublone. Voraussetzung ist natürlich auch hier, dass ein Arbeiter im Steinbruch werkelt.

Gebäude können errichtet werden, wenn der Zugspieler den Baumeister wählt. Die Spieler starten mit einigen Dublonen, sodass die billigsten Gebäude durchaus schon zu Beginn einer Partie errichtet werden können. Der Zugspieler kann als Bonus überdies eine Dublone vom Kaufpreis abziehen.

Der Aufseher sorgt für Produktivität auf den Inseln. Allerdings werfen nur die bemannten Maisplantagen direkt je einen gelben Würfel ab. Für die Produktion aller anderen Produkte benötigen die Spieler auch noch die entsprechenden, mit Arbeitskräften bestückten Fabriken auf ihren Inseln. Dann können sie die Kaffee-, Zucker-, Indigo- und Tabakwürfel stolz auf ihrer Spielfläche platzieren. Der Zugspieler erhält als Bonus übrigens ein zusätzliches Produkt.

Neues Geld bringt der Händler auf die Inseln. Der Zugspieler kann einen Warenstein in das anfangs leere Handelshaus verkaufen. Er kassiert sogar eine zusätzliche Dublone als Bonus. Dann sind die anderen Spieler dran, sofern sie nicht von einigen lästigen Regeln ausgebremst werden: So nimmt das Warenhaus maximal vier Warensteine auf. Wer da zu spät in der Runde zum Zuge kommt, kann auch mal leer ausgehen. Außerdem nimmt dieser Handelspartner nur vier unterschiedliche Warensteine auf. Wer da nicht das richtige Angebot besitzt, geht ganz sicher leer aus. Und schließlich wird das Warenhaus am Ende der Phase nur geleert, wenn alle vier Felder belegt sind. Wenn dies in einer Runde nicht gelingt, startet der nächste Händler mit einem teilweise gefüllten Warenhaus.

Der Kapitän ist dafür verantwortlich, dass schon während der Partie einige Siegpunkte verteilt werden. Wer diese Rolle wählt, beginnt mit der Verladung einer Sorte seiner produzierten Waren auf eines der drei Handelsschiffe. Für jedes verladene Gut, unabhängig von der Sorte, gibt es einen Siegpunkt. Der Zugspieler kassiert sogar noch einen Extrapunkt. Aber auch hier behindern einige Regeln den hemmungslosen Verkauf: Abhängig von der Spielerzahl transportieren die drei Schiffe zwischen 4 bis 8 Gütern, doch auf einem Schiff wird immer nur eine Warensorte verladen. Und auf einem Schiff kann keine Sorte verladen werden, die schon auf einem anderen Schiff liegt. Am Ende der Runde werden nur die voll belegten Schiffe komplett geleert. Die anderen Schiffe bleiben bis zur nächsten Kapitänsrunde im Hafen und begrenzen dann die Verkaufsmöglichkeiten. Ebenfalls am Ende dieser Runde werden die Lager der Spieler überprüft. Wer jetzt kein besetztes Warenlager vorweisen kann, darf nur noch einen Warenstein behalten.

Die beiden ausliegenden Goldsucher-Rollen erscheinen auf den ersten Blick als ein Trostpreis für Spieler, denen nichts besseres einfällt. Denn für diesen Job bekommt der Zugspieler nur ein Goldstück. Das war’s. Aber Geld ist in PUERTO RICO sehr knapp. Eventuell liegt auf einem Goldsucher auch ein zweites Goldstück, wenn er in der vorhergehenden Runde nicht gewählt wurde.

Eine Partie endet, wenn in der Bürgermeisterphase nicht mehr genügend Kolonisten zur Bestückung des Schiffes vorhanden sind oder wenn in der Kapitänsphase die letzten Siegchips des Vorrats verteilt werden. Auch wenn ein eifriger Baumeister das letzte seiner 12 Stadtfelder bebaut, wird endgültig abgerechnet. Neben den einkassierten Siegchips zählen nun auch die auf den Gebäuden aufgedruckten Punktwerte. Und dann gibt es noch vier Gebäude, die zusätzliche Punkte einbringen. Doch dazu später.

Diese umfassende Beschreibung der Möglichkeiten müsste einem etwas erfahrenen Spieler schon das Spielgefühl vermitteln: Jeder Spieler plant einen sinnvollen Aufbau der Insel von der Plantage bis zur verarbeitenden Industrie unter Berücksichtigung des Arbeitskräftemanagements. Jeder wurschtelt ein wenig vor sich hin. Der Mitspieler wird erst interessant, wenn die eigenen Planungen gestört werden. Das ist nicht unbedingt revolutionär.

PUERTO RICO ist genau so, aber auch ganz anders.

Die grundlegende Spielregel ist erstaunlich einfach und erschließt sich auch neuen Spielern sehr schnell. Für den Spielspaß sorgen die vielen Details. Da sind die 22 unterschiedlichen Gebäude, die ein Spieler theoretisch errichten kann, sobald er eine erste Strategie entwickelt hat. Denn zwangsläufig notwendig sind nur einige Basisgebäude. So sollte ein Besitzer von Kaffeeplantagen schon eine Rösterei errichten, um tatsächlich Kaffee produzieren zu können. Dann muss der Spieler aber schon abwägen, ob er mit dem Kaffe zuerst Geld im Handelshaus oder Siegpunkte durch Lieferung auf das Handelsschiff verdienen möchte. Wenn es um Geld geht, sollte er vielleicht ein Kontor errichten, um Waren ins Handelshaus verkaufen zu können, die dort schon lagern. Auch eine Markthalle wäre nicht schlecht, die den Verkaufspreis immer um eine oder zwei Dublonen erhöht. Wenn es dagegen um Siegpunkte geht, wäre der Bau eines Hafens ganz sinnvoll, der bei jedem Verkauf einen zusätzlichen Punkt einbringt. Oder besser gar eine Werft, die pro Kapitänsrunde den Verkauf auf ein frisch gebautes Boot erlaubt, das nur dem Werftbesitzer zur Verfügung steht? Vielleicht sollte der Spieler zwischendurch auch noch eine Steinmetzerei errichten, die den Bau von Steinbrüchen ermöglicht. Diese wiederum verbilligen den Kauf der vielen Gebäude. Oder besser ein Hospiz, das für zusätzliche Arbeitskräfte sorgt. Oder eine Universität? Ein Lagerhaus? Oder? Oder?

PUERTO RICO besitzt in dieser Bauphase einen beachtlich hohen Aufforderungscharakter. Obwohl eine erste Partie mit Regelerklärung locker länger als zwei Stunden dauert, war jeder Spieler meiner Runde zur Planung einer nächsten Partie bereit. Dann würden sicher alle Fehler des ersten Versuchs vermieden. Allerdings war in den jeweils ersten Partien auch zu bemerken, dass die Spieler tatsächlich großteils mit der Gestaltung der eigenen Insel beschäftigt waren. Doch PUERTO RICO bietet mit der Wahl der Rollen und der Gebäude, sowie dem Verkauf auf die Schiffe oder in das Warenhaus, genügend interaktive Elemente. Schon zum Ende der ersten Partie wurden die Aktionen der Mitspieler schärfer beobachtet und die Frage "Wie kann ich dem Konkurrenten schaden" wurde zusehends wichtiger.

PUERTO RICO würde in diesem Jahr sicher zur absoluten Spiele-Spitzengruppe gehören. Und auch im nächsten Jahr dürfte es den Konkurrenten schwer fallen, dieses Spielangebot zu überbieten. Auch die Spitzen-Scoutnote wird nach diesem genaueren Blick verständlich, bei dem hohen Aufforderungscharakter durchaus nachvollziehbar. Trotzdem möchte ich nach zwei Versuchen mit dem Prototypen jetzt nicht auch noch die Eins ziehen, sondern -ein Fach darunter - zur soliden, guten Zwei greifen. Wenn bei der endgültigen Produktion des Spiels keine Panne passiert und der Wiederspielwert auch nach einigen weiteren Partien genügend hoch ist, ist eine Korrektur nach oben durchaus wahrscheinlich.

Herbert Heller

PUERTO RICO von Andreas Seyfarth für 3 - 5 Spieler, Alea
Scoutnote: 1,18 (38 Nennungen)

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